wird von Kunstwissenschaftler und Œuvre-Autoren/ Werkverzeichnis-autoren (w/m) realisiert. Œuvre-Forschung bedeutet Erforschen eines künstlerischen Werkes, im Gesamten oder Teile davon. Wie hinter jedem menschlichen Leben steckt auch hinter jedem Kunstwerk eine Biografie (Provenienz). Œuvre-Autoren oder -Forscher stellen demnach erst einmal jede Menge Fragen und hören lange zu. Vor der Einordnung stehen vor allem die richtigen Fragen. Bedenken Sie, dass im Grunde jede Broschüre, jedes Etiketten, Ausstellungen, eine Führung sowie Audioguides oder Versicherungsleistungen Interpretationen sind.
Ob kleine oder große Projekte zu künstlerischem oder kulturellem Erbe, die Entwicklungsprozesse und Durchführungen sollten bestimmten Prinzipien entsprechen, die sicherstellen, dass es wirklich um Menschen und immer um Prozesse geht.
Die Hintergrundinformationen aus Leben und Werk eines Kunstschaffenden mit der produktions- und rezeptionsästhetischen Einordnung in einen Interpretationszusammenhang zu übersetzen, ist ein großer Teil der Arbeit. Jedoch ist darüber hinaus von Bedeutung, dies nachhaltig schlüssig für weitere Wissenschaftler, Autoren und Verwerter zugänglich zu machen, d.h. eine nachhaltige Inventarisierung und die Erstellung von Quellenverzeichnissen ist unerlässlich. Für gelungene Projekte ist es wichtig, dass die Zusammenarbeit und Konversation aller Beteiligter gut möglich ist, dass sowohl die Motivation (interne, externe, besucherorientierte, wertebasierte/-orientierte oder politische Gründe) als auch die Ziele klar sind, wozu und für wen wird am Œuvre gearbeitet wird. Bei der Besprechung dieser Faktoren geht es auch um die Rolle von Wahrheit und Neutralität in Bezug auf das, was die Untersuchung später präsentieren wird. Das prägnanteste Merkmal dieser Arbeit ist Vertrauen: Vertrauen seitens der Urheberschaftsgemeinschaft als Auftraggeber, Vertrauen von Galerien, Auktionshäusern und Museen sowie den wissenschaftlichen Kolleginnen und Kollegen. Denn sowohl die Œuvre-Forschung als auch die Erstellung eines Werk- oder Nachlassverzeichnisses sind umfangreiche Prozesse, die eigentlich nie ganz abgeschlossen sein können. Immer wieder finden sich neue Erkenntnisse, Schriftstücke oder veranlassen unterschiedliche Aussagen in Katalogen erneute Recherchen zu einem künstlerischen Nachlass.
Immer wieder finden sich Lücken in der Biografie eines Œuvres oder in der (Herkunfts-)Geschichte eines Kunstwerkes. Während Werkverzeichnis-Autoren alle nachweislich existenten Werke und sämtliche Daten zu den einzelnen Kunstwerken indexieren, vom derzeitigen Standort und allen Besitzerwechseln (Provenienzen) über Maße und Entstehungsjahr, dazugehörenden Publikationen, Briefe, Ausstellungsbelegen bis hin zu Wachsdublierungen, neuen Aufspannungen, Firnis, Restauration, ja, sogar für Fälschungen, schreiben Œuvre-Autoren zusammenfassende Texte basierend auf den Erkenntnissen der Archivarbeit und Werkverzeichnung. Dies erfolgt mithin zum Gesamtkonvolut oder oft auch zu einem spezifischen Sujet, einer konkreten Werkreihe oder zugunsten einer wissenschaftlichen Kontextualisierung einer Strömung, eines Künstlerkollektivs etc.
Wichtig wird zunehmend die Zusammenarbeit von Kollegen und diese – einst museale – Grundlagenforschung mit den neuen medialen Möglichkeiten zu verknüpfen: Verzeichnisse und Erkenntnisse sollten künftig digital-dynamisch, einheitlich standardisiert publiziert werden. Darüber waren wir uns auf der Gründungsveranstaltung des Arbeitskreises Werkverzeichnis am 3. November 2018 in der Hamburger Kunsthalle einig, wo sich bedeutende Institutionen sowie zahlreiche Einzelkämpfer (m/w) zusammenschlossen. Denn es gibt bemerkenswerte Privatinitiativen von Kunstsammlern und Erben, die Provenienzgeschichte recherchieren lassen.
Die untersuchende Arbeit am spezifischen Werk eines Schaffenden (w/m) zu Lebzeiten gehört ebenfalls hierhin. Es ist wichtig, Autoren, die sich in ihren Recherchen auf Werk und Wirken von – auch zeitgenössischen – Künstlern konzentrieren, unter dem Begriff Œuvre-Forschung wertzuschätzen, so sie denn einen sachlichen Ansatz verfolgen. Dies trifft auf Kuratoren zu, die Werke einer Ausstellung besprechen, auf Kunsthistoriker, die eine bestimmte Zeit oder Strömung reflektieren ebenso auf die Schriften von Œuvre- und Werkverzeichnisautoren.
Text: Jana Noritsch